Gefährdung und Schutz der Freiheit durch die deutsche und europäische Politik in der Krise
Rückblick auf die Vortragsveranstaltung mit Prof. Dr. Paul Kirchhof am 29. September 2021
Nach vorausgegangenen Verschiebungen gelang es dem Forum Wissenschaft Wirtschaft und Politik (üblicherweise in der IHK-Ludwigshafen tagend) am 29.09.2021, mit Herrn Prof.Dr.habil.Dr.mult. und Seniorprofessor distinct, dem Staats- und Steuerrechtler Paul Kirchhof aus Heidelberg, wieder, eine große, einflussreiche und gefragte Persönlichkeit aus unserem Gesellschaftsleben für einen hochkarätigen Vortrag zu gewinnen, welcher hervorragend zum Credo unseres Forums passte und durch seine Klarheit – aus profunder Sachkenntnis und Erfahrung heraus – reges Interesse bei zahlreichen Fragestellern auslöste.
Vom Schlusswort her betrachtet, erinnert der Vortragende an den großen Kraftakt in 1948, das Wirtschaftswunder (einschl. Verfassungswunder/GG, Kultur- und Bildungswunder) u. an die in 1989 vollbrachte friedliche Wiedervereinigung – als einmaligen, bisher in der Rechtsgeschichte unbekannten Vorgang. Im Bewusstsein dessen, haben wir das Recht zu sagen: „Ich bin glücklich in diesem freien, schönen Land zu leben“.
Im Verlauf seines Vortrages gibt der frühere, langjährige Verfassungsrichter einen präzisen Überblick über die vielen Facetten der dem Individuum in unserem Grundgesetz (GG) garantierten Freiheiten. Anhand von 5 Schwerpunkten, welche wirkungsmäßig ineinandergreifen, wird das Spannungsfeld zwischen dieser Freiheitsgarantie für den Einzelnen und der Freiheitsgefährdung durch die Akteure der Politik in Berlin und Brüssel/Straßburg beleuchtet und auf die notwendigen Wendepunkte bei bereits eingetretenen Fehlentwicklungen hingewiesen, um die Stabilität unserer Gesellschaft nicht zu gefährden.
Freiheit u. Gleichheit: Die Freiheit ist ein staatliches Angebot für den Einzelnen z.B. zu arbeiten, nicht zu arbeiten, ja oder nein zur Familiengründung oder Impfung zu sagen usw., sie ist ein Wagnis für den Staat, der aber sein großes Freiheitsvertrauen in die Menschen setzt, wissend, dass die Menschen das Freiheitsgebot in ihrer großen Überzahl annehmen werden, sonst könnte er nicht mehr funktionieren. Dazu muss der Freiheitsberechtigte aber freiheitsmündig(-bewusst) sein, er muss die Freiheitswerte verinnerlicht haben. Laut GG sind die (untereinander verschiedenen) Menschen vor dem Gesetz alle gleich. Das Gesetz ist das Unterscheidungskriterium (siehe auch Bedeutung der gleichen Worte gleich gültig und gleichgültig deren Unterscheidungskriterium hier das verfolgte Ziel ist). Der Freie kann sein Handeln selbst entscheiden, muss aber auch die Konsequenzen daraus tragen. Unsere Gesellschaft braucht den freien Menschen, der in Eigeninitiative auch Risiko übernimmt.
Geld: Freiheit ist das Recht zur ökonomischen Vernunft, das Recht des Bürgers zum freien Umgang mit seinem Geld. Auch das Geld- als wertlabiles Privateigentum – ist von unserem GG geschützt (Lohnanspruch, Sozialversicherungsanspruch, Kapitalerträge), wofür die Zentralbank / EZB gegründet wurde. Die richterlich unabhängige EZB hat die alleinige Aufgabe für die EU-Geldwertstabilität zu sorgen, betreibt aber neuerdings in Abweichung dazu, zusätzlich Wirtschaftspolitik, in der Form einer ungebremsten Inflationspolitik, welche Banken u. überschuldete EU-Länder stützt, wodurch die Empfänger/Schuldner Geld ohne Eigenleistung hinzugewinnen, der Sparer in unserem Lande aber enteignet wird (Kernproblem monatlich zunehmende EU-Staatsverschuldung!). Die EZB wurde vom Garanten zum Gegner der Geldwertstabilität, auch weil sie sich vom Finanzmarkt abhängig gemacht hat. Billionen Euro-Anleiheprogramme der EZB werden vom Bürger nicht mehr verstanden. Wir brauchen den Wendepunkt und Transparenz allein schon für eine kompetente Diskussion unter Parlamentariern und für die öffentliche Debatte in den Medien. Der Kredit ist als Finanzierungsinstrument des Staates nicht geeignet (Umdenken!).
Generationenvertrag: Freiheit ist Zuweisung von Verantwortlichkeit und dadurch auch zur Bewahrung von wirtschaftlichen Werten, es ist auch die Kraft zur Bindung (z.B. Familiengründung, lebenslange Verantwortung). Die Gegenwartsgeneration nutzt das Erbe der Vorgängergeneration zu ihrem Vorteil und investiert gegenwärtig (auch durch Kredite) für sich und auch für die nächste, die Zukunftsgeneration, die sie aber anständigerweise nicht durch Beteiligung an den Investitionen belastet. Weil Schulden die Solidargemeinschaft belasten. Für den Staat heißt das: „keine Neuverschuldung“ und deshalb die 60% BIP-Verschuldungs-Grenze und keine EZB-Kredite für EU-Volkwirtschaften (Haltepunkt /Umorientierung notwendig).
Technischer Fortschritt(TF): Der TF in der Digitalisierung und der Künstlichen Intelligenz(KI) ist gigantisch und bringt unserer Gesellschaft – als Chance und Risiko zugleich – enorme Verbesserungen und Vereinfachungen unseres Lebens (z.B. Handy, Nanomedizin) aber wir müssen über die ethische, juristische Komponente sicherstellen, dass der Mensch die Herrschaft über jede neue Technik behält. Unerträglich für unser demokratisches Gemeinwesen ist die Tatsache der Herabwürdigung und Verleumdung von Menschen auf dem Wege der digitalen Medien aus dem Hinterhalt der Anonymität heraus. Jeder Mensch kann sich im freiheitlichen Rechtsstaat frei äußern, muss aber mit seinem Namen uund Gesicht dafür einstehen (Handlungsbedarf des Staates).
Freiheit als Selbstbestimmung: Der Freie lebt sein Leben selbstbestimmt und nimmt seine Freiheit in seiner subjektiven Sicht war, die wiederum kulturelle Voraussetzungen hat. Es ist die Qualifikation/die Befähigung zur Freiheit, welche in einem Mindestmaß an Bildung im Vertragsrecht, Geschichtlichkeit, Wirtschaft, Technik,… Religion besteht. Nach wie vor wichtig ist, in unserem christlichen Weltbild, die Religionsmündigkeit, weil die Religion dem Einzelnen große Stütze sein kann und nicht einfach austauschbar ist. Die Verantwortlichkeitszuweisung im GG heißt deshalb: „Vor Gott und den Menschen…“.